Neben vielen bereits erforschten und testbaren genetischen Erkrankungen wird immer weiter geforscht. Ein Schwerpunkt ist die umfassende Gruppe an Allergien, Atemwegserkrankungen, Muskeldefekten, Stoffwechselstörungen und verschiedene Erkrankungen des Bewegungsapparates. Im Vordergrund der internationalen Forschungsarbeiten stehen die Problembereiche Kolik und Gelenkschäden, die meist von vielen Umwelteinflüssen und Erbanlagen hervorgerufen werden. Zur Zeit besteht die größte Herausforderung darin, die exakte molekulargenetische Basis zu erforschen.
"Die Aufdeckung genetischer Ursachen für Krankheiten und Defekte wird letztendlich nicht zu einem vollständig erbfehlerfreien und zu einem krankheitsfreien Pferd führen. Die genetischen Arbeiten werden aber medizinische Geheimnisse des Pferdes aufklären." (Dr.Dr.habil Ines von Butler-Wemken)
(= DEGENERATIVE SUSPENSORY LIGAMENT DESMITIS)
Welche Pferde sind betroffen?
Pferde verschiedener Altersgruppen und Rassen können betroffen sein. Durch den Paso Peruano wurde die Erkrankung vor mehreren Jahren erstmals bekannt und in USA wurden diverse Forschungen gestartet.
Mit steigender Häufigkeit wird DSLD inzwischen bei zahlreichen Pferderassen festgestellt (z.B. Warmblüter, Quarter Horses, Araber, Saddlebreds, Friesen, Isländer und viele weiteren).
Was verursacht DSLD?
Vor einiger Zeit fanden Forscher heraus, dass Pferde mit DSLD einen abnormalen Proteintyp (Proteoglykane) innerhalb der Sehnen und Geweben im ganzen Körper entwickeln. Daher nannte man diese Krankheit systemische Ansammlung von Proteoglykanen bei Pferden oder ESPA.
Mit weiteren Forschungen wurde diese Theorie wieder in Frage gestellt. Neue Forschungen weisen darauf hin, dass bei Pferden mit DSLD abnormale Heilungsprozesse innerhalb der Sehnengewebe auftreten.
Dies bedeutet, dass der Verschleiß, der mit der normalen täglichen Bewegung einhergeht, ein ungewöhnliches Maß an Trauma (oder Mikrotrauma) erzeugt. Normalerweise produziert ein Pferd mehr Zellen und bildet mehr Kollagenfasern, um die tägliche Abnutzung effizient zu reparieren. Pferde mit DSLD durchlaufen diesen Prozess nicht.
Stattdessen wandeln sie einen anderen Zelltyp um, der "Verknorpelung" produziert. Dieses abnormale unelastische Gewebe innerhalb der Sehnen führt zu einem ein Herunterbrechen der Fesselträger.
Selbst mit diesen Informationen ist die Klärung der Ursachen nicht genau möglich. Viele glauben, dass das Problem genetisch bedingt ist, und wieder andere glauben, dass es umweltbedingt ist. Es ist wahrscheinlich, dass es eine Kombination aus beidem ist, was bedeutet, dass manche Pferde durch bestimmte Umweltbedingungen leichter erkranken als andere.
Gibt es eine Diagnose, um DSLD festzustellen?
Beugeprobe der Fesselgelenke, Ultraschalluntersuchung der Fesselträger: DSLD Pferde werden die Beugeprobe an mindestens zwei Beinen nicht bestehen.
Beim Abtasten der Fesselträger werden diese sehr hart und straff erscheinen oder auch vergrößert durch Kalkablagerungen oder sie können breiig weich sein. Außerdem wird eine Schmerzhaftigkeit festgestellt. Vergrößerte Fesselträger und deren Zweige sind in fortgeschrittenen Fällen offensichtlich.
In den USA wird seit vielen Jahren an der Universität Georgia geforscht, hier sind seit ein paar Jahren Untersuchungen von Bindegewebe anhand einer Necropsie (Gewebeentnahmen an toten Pferden) möglich. Die Gewebe werden von Dr. Jaroslava Halper untersucht.
Dr. Halper führt auch Nackenbandbiopsien an lebenden Pferden durch. Bisher wurden so mehrere Fälle getestet. Sogar wenn äußerlich bisher keine Symptome ersichtlich sind, kann anhand der Biopsie des Nackenbandes festgestellt werden, ob das Pferd betroffen ist. Allerdings ist dieser Eingriff sehr aufwendig und nicht ohne Risiko.
Seit 2020 verfolgt Dr. Halper einen neuen Ansatz unter Verwendung der "Next-Generation-Sequenzierung" zur Identifizierung potenzieller Akteure in der Pathogenese von DSLD. Die Next-Generation-Sequenzierung wurde unter Verwendung von RNA durchgeführt, die aus Hautbiopsien von sechs gesunden Kontroll-Pferden (alles Peruanische Pasos) und sechs Pferden mit DSLD (4 Peruanische Pasos und 2 Warmblüter) extrahiert wurde.
An der Universität Wisconsin wurde parallel ebenfalls jahrelang geforscht und seit Ende 2022 bietet das Labor für Genetik und Orthopädie der Universität Wisconsin einen Gentest an, der
das DLSL Risiko bei Paso Peruanos bestimmt.
Dieser Test ist ein großer Fortschritt, allerdings sehr zeitaufwendig, da immer 96 Proben gesammelt werden müssen, um eine Sequenzierung laufen zu lassen. Es kann unter Umständen 1 Jahr dauern,
bis Ergebnisse vorliegen. Trotzdem eine große Chance für den Erhalt der Rasse Paso Peruano!
(ausführlichen Text der Uni Wisconsin siehe unten)
Bei Fragen oder Interesse am Gentest auf DSLD bei Paso Peruanos:
Bitte kontaktiert direkt das Labor in Wisconsin in den USA – genetics@vetmed.wisc.edu
Kurze Zusammenfassung:
Warum Ihr eure Paso Peruanos testen solltet?
Wieviel kostet der Test?
WEITERE HINTERGRUNDINFORMATIONEN
Der Fesselträger
DSLD und Ruptur des Fesselträgers haben viele gemeinsame Merkmale mit der menschlichen Tendinopathie, insbesondere der Achillessehnenentzündung im Knöchel. Was viele Menschen nicht wissen, ist, dass das Risiko, dass Menschen ihre Achillessehne verletzen, auch durch die Genetik beeinflusst wird. Bei Pferden ist die Rolle, die die Genetik beim DSLD-Risiko bei bestimmten Rassen spielt, besser definiert als beim Menschen.
DSLD ist eine nicht heilbare Pferdekrankheit mit höherem Vorkommen bei bestimmten Rassen. Ein besonders hohes DSLD-Risiko haben unter anderem die Rassen Paso Peruano, Paso Fino, Warmblut und Achal-Tekkiner. DSLD ist eine verbreitete Erkrankung überall auf der ganzen Welt und viele Pferde müssen deswegen eingeschläfert werden. DSLD ist eine erworbene Krankheit, die sich in der Regel im Alter bis 14 Jahren bei Hochrisikorassen entwickelt. Außerdem leiden viele ältere Pferde an DSLD.
Die Gentests
Der routinemäßige Einsatz von Gentests für das DSLD-Screening von Pferden aus Hochrisikorassen ist ein sehr wertvoller Fortschritt. Das Wissen darüber, ob einzelne Pferde ein hohes oder niedriges genetisches DSLD-Risiko haben, ist extrem wichtig für die Auswahl von Zuchtpferden, die Untersuchung von Fohlen und Jungpferden vor dem Kauf und für die angepasste tierärztliche Versorgung, um das Risiko des Ausbruchs von DSLD zu verringern.
Derzeit untersuchen die meisten Gentests für Pferde einfache Krankheiten. Das bedeutet, dass sie nach einer spezifischen DNA-Mutation suchen, die dazu führt, dass ein Pferd entweder eine Krankheit hat oder ein Träger für eine Krankheit ist, je nachdem, ob die Krankheit eine einfache dominante oder rezessive Vererbung hat. Leider sind häufig vorkommende Krankheiten bei Pferden, wie DSLD, komplexe Krankheiten. Eine komplexe Krankheit ist das Ergebnis von Hunderten bis Tausenden von genetischen Varianten, die durch das Genom eines Tieres auftreten, zusätzlich zu den Umweltrisikofaktoren. Bisher waren Gentests für komplexe Erkrankungen beim Pferd nicht möglich.
Genetischer Beitrag zur degenerativen Fesselträger-Desmitis
Das Labor hat sich auf die Untersuchung von DSLD beim Paso Peruano und dem Achal-Tekkiner konzentriert. Es wurde DNA von mehr als 200 Paso Peruanos gesammelt, die alle genau auf das Vorhandensein oder Fehlen von DSLD untersucht wurden. Mit Hilfe der sogenannten SNP-Marker-Genotypisierung (Single Nucleotide Polymorphism) wurden Marker im gesamten Genom (DNA-Code) für jedes Pferd untersucht. Dieser Datensatz und die Stammbäume, die von den Familien der betroffenen Paso Peruanos gesammelt wurden, haben es ermöglicht, die Erblichkeit genau abzuschätzen. Beim peruanischen Paso beträgt die Erblichkeit von DSLD 0,246±0,09. Dies bedeutet, dass ~ 25% des Risikos, DSLD zu entwickeln, genetisch bedingt sind, während die restlichen 75% des Risikos auf Umweltfaktoren wie z.B. Fütterung, Training und Hufbearbeitung zurückzuführen sind.
Die Forschung hat gezeigt, dass das genetische DSLD-Risiko beim Paso Peruano aus vielen genetischen Varianten im gesamten Genom besteht. Jede einzelne Variante im Genom eines Tieres hat in der Regel geringe bis mäßige Auswirkungen auf das Krankheitsrisiko und diese addieren sich auf. Wenn ein einzelnes Pferd mit vielen Risikovarianten geboren wird, die zusammenwirken, ist das genetische Risiko, DSLD zu entwickeln, hoch.
Gentest auf DSLD-Risiko beim Paso Peruano
Das Labor in USA ist jetzt in der Lage, Gentests auf DSLD bei Paso Peruanos durchzuführen. Es handelt sich um eine komplexe Krankheit mit mäßiger Erblichkeit. Es wurde eine ausreichend große Referenzpopulation von mehr als 200 Paso Peruanos anhand von DNA-Proben, die aus einer Blutprobe oder einer Haarwurzelprobe gewonnen wurden, untersucht. Die SNP-Marker-Array-Genotypisierung wird mit dem Thermofisher Axiom Equine-Array durchgeführt. Die SNP-Markerdaten aus der Referenzpopulation werden dann verwendet, um vorherzusagen, ob ein Pferd DSLD bekommen wird. Unter Verwendung der Referenzpopulation haben die prädiktiven Tests eine Genauigkeit von rund 90% für die Vorhersage ob ein Paso Peruano ein DSLD-Fall oder -Kontrollgruppe ist. Das Labor geht davon aus, dass sich diese Genauigkeit im Laufe der Zeit verbessern wird, wenn die Referenzpopulation größer wird. Da diese Art der Genotypisierung mit Platten von jeweils 96 Proben durchgeführt wird, kann es etwas dauern, bis das Testergebnis vorliegt. Daher gilt: Je mehr Proben jede Woche getestet werden sollen, desto schneller liegen die Ergebnisse vor.
Da der genetische Screening-Test nur SNP-Marker und das Geschlecht des Pferdes verwendet, kann der Test bei Pferden jeden Alters durchgeführt werden, auch bei Jungpferden, die die Krankheit noch nicht entwickelt haben. Ein prädiktiver Test als DSLD-Fall bedeutet, dass das einzelne Pferd ein hohes genetisches Risiko für die Krankheit hat. Bei solchen Pferden sollte sich das Gesundheitsmanagement auf die Reduzierung von Umweltrisiken konzentrieren, um die Wahrscheinlichkeit zu minimieren, dass im späteren Leben DSLD auftritt.
Der konsequente Zuchtausschluss von Paso Peruanos mit hohem genetisch bedingten DSLD-Risiko wird im Laufe der Zeit zu einer Verringerung des Krankheitsvorkommens in der Population führen Da DSLD eine komplexe Krankheit ist, können betroffene Pferde immer noch einen Vater und eine Mutter haben, die ihr Leben lang gesund bleiben. Die Zucht von Pferden mit hohem genetischem Risiko bedeutet jedoch, dass es wahrscheinlicher ist, dass ihre Fohlen auch ein hohes genetisches Risiko haben und im Laufe ihres Lebens DSLD entwickeln werden.
Gentest auf Risiko von DSLD bei anderen Hochrisikopferderassen
Derzeit können die Gentests auf DSLD nur für Paso Peruanos angeboten werden. Die aktuelle Forschung arbeitet aber daran, diese Tests auf andere Hochrisikorassen wie Achal-Tekkiner, Paso Fino und das Warmblut auszudehnen. Derzeit wird an der Entwicklung von rasseübergreifenden prädiktiven Tests für die Rassen Paso Fino und Achal-Tekkiner gearbeitet.
(Artikel aus dem Englischen übersetzt von Sandra Eggert)